OPO Oeschger – Interview mit Pepito Schöpke, dem Gewinner des Sonderpreises «Beschlag»
Sein Schatz: Pepito Schöpke hat mit seiner Vielfächer-Truhe bei der «Guten Form» begeistert. Das Gesellenstück aus robuster Robinie funktioniert wie eine Kommode und wurde von der Fachjury in Brandenburg als «gelungene Neuinterpretation eines alten Themas mit gründlich durchdachten Detaillösungen» gerühmt.
Dem kreativen Öffnungsmechanismus der Truhe verdankt Schöpke den Sonderpreis «Beschlag». OPO Oeschger hat als Stifter der Auszeichnung mit dem 26-Jährigen über sein Siegerstück, den Tischler-Beruf und die Bedeutsamkeit des Lehrbetriebs gesprochen.
OPO: Pepito Schöpke, Ihre Truhe ist Handwerkskunst und Unikat. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, zum Abschluss Ihrer Ausbildung ein traditionelles Nutzmöbelstück neu zu entwerfen?
Pepito Schöpke: Zugegeben, in Truhen steckt eine gewisse Romantik. Ich schätze sie als Möbelstücke, verstehe aber auch, warum sie nicht mehr ganz zeitgemäss sind: Die Proportionen des Stauraumes und die eingeschränkten Möglichkeiten der Platzierung entsprechen zumeist nicht den gegebenen Anforderungen. Andererseits ziehen Menschen heutzutage häufiger um, wobei Transportfähigkeit und Beweglichkeit in der Raumgestaltung geschätzt wird. Entsprechend habe ich mit meinem Gesellenstück eine optimierte Truhe kreiert, die beim Öffnen des Deckels weniger Raum einnimmt und dadurch sehr flexibel positioniert werden kann.
Dabei haben Sie es sich mit dem Material nicht wirklich leichtgemacht. Robinienholz ist eines der härtesten Nutzhölzer Europas und nur schwer zu verarbeiten.
Das stimmt. Insbesondere die Trocknung ist aufwändig. Man muss dem Prozess sehr viel Zeit geben, damit keine zu hohen Spannungen entstehen. Aber die Robinie ist hier in Brandenburg stark verbreitet und sie wächst sehr schnell; ihr Holz kann mit gutem Gewissen verwendet werden. Für mein Konzept der Truhe war es ausserdem erforderlich, dass das Material sehr beständig ist und die Truhe möglichst mehrere Generationen überdauern kann. Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig.
Fotos: Friedrich Bungerts/MAZ
Hand aufs Herz: Wieviel Zeit steckt in dieser Truhe?
Man darf 100 Stunden am Gesellenstück bauen. Die habe ich gänzlich ausgereizt, und alle Vor- und Nacharbeiten, die ich auslagern durfte, kommen da noch oben drauf: beispielsweise die Zeit, in der ich das Holz aufgesägt und nachgetrocknet habe. Ich bin schon sehr an meine Grenzen gestossen.
Ihr enormer Aufwand hat sich gelohnt. Der ausgeklügelte Öffnungsmechanismus der Truhe hat Ihnen den Sonderpreis «Beschlag» eingebracht. Was ist überraschend und kreativ an Ihrer Lösung?
Bei einer gewöhnlichen Truhe hat man das Problem, dass sie nicht direkt an die Wand gestellt werden kann, da der Deckel mit seiner Rundung beim Öffnen viel Platz braucht. Bei meiner Truhe habe ich den Korpus oben vor der Rundung schräg angeschnitten – der Deckel läuft auf der Rückseite so ziemlich spitz aus. Die Klappenmechanik zieht die ganze Aufhängung, an der die Scharniere angebracht sind, dann nochmals um die Rundungshöhe nach vorne.
Damit haben Sie die Jury überzeugt. Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung?
Ich habe in diese Truhe derart viel von mir und meinem Umfeld reingesteckt, dass mein eigenes Gefühl zu meinem Möbel nur sehr bedingt durch die Meinung Aussenstehender beeinflusst wird. Dennoch ist es natürlich schön, diese Anerkennung zu erhalten. Auch das Preisgeld gibt mir etwas Luft. Und natürlich hat sich mein Chef gefreut. Es ist letztlich auch eine Auszeichnung für ihn – und die Leistung, die er als Meister und Wissensvermittler vollbracht hat.
Was ist denn das Wichtigste, das Sie von Ihrem Ausbildner gelernt haben?
Mein Ausbildner Reinhard Vogeler geht die Dinge sehr grundlegend an. In seinem Betrieb hatte ich die Möglichkeit, mir viel Hintergrundwissen anzueignen und mir die Zeit zu nehmen, neue Mittel und Möglichkeiten beim Möbelbau zu erfinden. Dadurch wurde mir eine grosse Flexibilität zuteil. Ich habe gelernt, wie aus dem Fokus der Gedanken und mit den verfügbaren Mittel das fertige Stück entsteht.
Wenn sich nun junge Leute dafür interessieren, die Ausbildung zu machen: Was würden Sie sagen, aus welchem Holz ist ein guter Tischler geschnitzt?
Das kommt ganz darauf an, von welchem Untergewerbe man redet. Tischler ist nicht gleich Tischler. Ich hatte die Chance, das Kunsttischler-Handwerk zu erlernen, die meisten Kollegen arbeiten eher in der Montage. Da werden dann halbfertige Produkte weiterverarbeitet. Grundsätzlich denke ich, dass es für Handwerker in Zukunft sehr wichtig ist, das Bewusstsein für Ressourcen, sowie den tatsächlichen Aufwand und den gesundheitlichen Einfluss zu erweitern. Es gilt ausserdem, eine Wertschätzung für ganzheitliche Qualität und nachhaltiges Arbeiten zu kultivieren.
Apropos Zukunft: Wie geht es bei Ihnen weiter?
Als nächstes steht eine Reise an, zuerst will ich nach Lateinamerika. Unterwegs werde ich versuchen, mit verschiedenen Handwerkern zu arbeiten und mir, wenn möglich, Praktika bescheinigen lassen. Es geht mir aber vor allem darum, Menschen und Orte zu finden, mit denen ich einen Wissensaustausch pflegen und letztlich mein weiteres Leben erdenken und gestalten kann.