Ein Schreibtisch mit Charme und hoher Funktionalität: Das ist dem Schreiner Marcel Bader (23) aus Schleswig-Holstein mit seinem Gesellenstück gelungen. Er kombiniert das schlichte Möbel mit einem ausgeklügelten Hebemechanismus und edler Leder-Oberfläche. Damit überraschte er beim Gestaltungs-Wettbewerb «Die gute Form» und gewann den Sonderpreis Beschlag von OPO Oeschger.

Marcel Bader, wie haben Sie die Preisverleihung erlebt und wie war es für Sie, nach längerer Zeit wieder an einem Live-Event teilnehmen zu können?

Ich fand den Anlass gelungen und freute mich sehr über meinen Preis. Die Möbel waren wunderschön in Szene gesetzt. Etwas schade fand ich, dass die Feier nicht online übertragen wurde. Sonst hätte sich meine Familie zuschalten können. Sie wohnt in Namibia. Auch ich bin in Namibia aufgewachsen und habe dort Abitur gemacht, bevor ich für die Lehre nach Deutschland kam.

Was wünschen Sie sich für Ihre berufliche Zukunft?

Ich bin bereits von Schleswig-Holstein nach Bayern umgezogen und möchte in München die Meisterschule besuchen. Die Tischlerindustrie ist hier etwas gefragter, die Kunden legen mehr Wert auf handgemachte Möbel. Später möchte ich mich gern selbstständig machen und eine Art Kombination aus Möbelhaus mit selbst designten Möbelkollektionen und klassischer Tischlerei betreiben. 

Wieso haben Sie sich für einen Schreibtisch als Gesellenstück entschieden?

Ich bin zu Hause eher chaotisch und habe immer viel Material auf dem Schreibtisch. Mein Tisch löst dieses Problem: Er besteht aus einem mobilen Element, in welches man das Material verstauen kann. Das Element wird abgesenkt und der Tisch sieht sofort aufgeräumt aus. Ich ließ mich für das Möbel inspirieren von der traditionellen Hobelbank, die ebenfalls einen Stauraum am hinteren Ende der Arbeitsfläche hat.

Was gefällt Ihnen besonders gut an Ihrem Gesellenstück?

Mir gefallen die versteckten Details sehr gut. Zum Beispiel die unterschiedlich langen Federn, die ich ins Gestell und in den Hebearm eingebaut habe. Auch die Material-Kontraste finde ich spannend: Den Korpus, den ich aus heller Rüster gebaut habe, und das Gestell aus dunklem Ziricote-Holz. Dazu kommt das dunkle Leder, das die Schreibfläche und die Schubkästen gut hervorhebt.

 
Wie entstanden die Ideen für die individuellen Elemente und Beschläge an Ihrem Gesellenstück?

Durch Versuch und Irrtum! Bevor ich das Wettbewerbsmöbel baute, probierte ich alles aus: Die Mechanik mit Zahnrädern, Hebearmen und dem Motor sowie die ganze Konstruktion des Tisches mit den Beschlägen. Ich habe nichts irgendwo «abgeguckt», sondern alles von Grund auf selbst erarbeitet. Ich baute das Möbel mit Spanplatten vor, um zu sehen, ob es überhaupt funktioniert. Mich hat die Herausforderung angetrieben, einen solchen Beschlag selbst zu bauen. Zudem wollte ich in mein Gesellenstück unbedingt ein Element aus meiner Heimat Namibia integrieren. Da ich kein Holz einführen konnte, habe ich mich für Leder entschieden. Das war für mich sehr wichtig. Außerdem gibt das Leder dem Möbel einen edlen Touch. 

Wie sind Sie auf die Idee mit dem Hebemechanismus gekommen?

Ich suchte nach einer Möglichkeit, platzneutral Stauraum zu schaffen. Wenn man am Schreibtisch arbeitet, hebt man die Fächer an und kann so die ganze Tiefe des Tisches nutzen. Ist man fertig, räumt man seine Sachen in die Fächer und senkt den Korpus ab. Der Hebemechanismus erforderte einiges an Entwicklungsarbeit. Zuerst experimentierte ich mit Gasdruckfedern. Besser funktionierte es mit dem Motor, einer guten Übersetzung und einem Gegengewicht. Der Mechanismus lässt sich über eine Fernbedienung steuern.

 
Welche Situation im Prozess war für Sie am schwierigsten?

Den Hebemechanismus zu entwickeln. Ich experimentierte während eines Jahres jeweils an Wochenenden oder nach der Arbeit, bis ich den Prototyp perfektioniert hatte. Vor allem die richtige Größe der Zahnräder zu finden, war eine Herausforderung.

 
Was haben Sie in dieser Zeit gelernt?

Wie viel Arbeit man schafft, wenn man seinen vollen Fokus und seine ganze Leidenschaft in eine Sache steckt. Und wie wichtig die Vorbereitung ist. Ich hatte alle Abläufe im Kopf und brauchte sie nur noch umzusetzen.

 
Welchen Tipp geben Sie anderen Auszubildenden für ihr Gesellenstück?

Dass sie ihr eigenes Ding durchziehen und sich nicht von ihren Ideen abbringen lassen. Manchmal raten einem Lehrmeister oder andere Personen, ein einfaches, standardmäßiges Möbel zu machen. Ich hingegen finde es gut, wenn man den Mut hat, seine eigenen Grenzen auf die Probe zu stellen und seine Träume umzusetzen.